In Deutschland ist es Steuerpflichtigen grundsätzlich erlaubt, ihre Rechtsverhältnisse steuerlich optimal zu gestalten. Das meint: Solange Sie gegen keine Gesetze verstoßen, dürfen Sie mögliche Steuervorteile vollumfänglich ausschöpfen. Das gilt auch für den sogenannten Zuwendungsnießbrauch, bei dem „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“ auf einen Dritten, zumeist ein Familienmitglied, verlagert werden, der diese dann zu einem niedrigeren (Einkommen-) Steuersatz versteuert. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zuletzt in einem Grundsatzurteil im Juni 2023 (IX R 8/22) festgestellt, dass selbst bei einem Zuwendungsnießbrauch an minderjährige Kinder kein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vorliegt.
Lesen sie im folgenden Ratgeber, wie der Zuwendungsnießbrauch bei vermieteten Immobilien im Detail funktioniert, wie Sie als Eigentümer damit konkret Steuern sparen können, aber auch, welche Fallstricke Sie unbedingt beachten sollten.
Fakten zum Zuwendungsnießbrauch
• Der Zuwendungsnießbrauch wird in aller Regel nur für vermietete Immobilien vereinbart.
• Anders als beim „normalen“ Nießbrauch findet in dieser Variante kein Eigentumswechsel statt: Sie bleiben vollwertiger Eigentümer und übertragen lediglich die Nutzungsrechte an der Immobilie einem Dritten, für gewöhnlich einem Familienmitglied.
• Der Steuerspar-Effekt ergibt sich aus dem Umstand, dass der Nießbrauchnehmer die Mieteinnahmen zu einen deutlichen niedrigen Einkommensteuersatz versteuern kann als Sie als Eigentümer.
• Sie können den Zuwendungsnießbrauch befristet oder unbefristet, entgeltlich oder unentgeltlich festlegen. In jedem Fall muss er jedoch notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden.
Was bedeutet Zuwendungsnießbrauch?
Der Zuwendungsnießbrauch steht für die Übertragung des Nießbrauchrechts an einen Dritten, ohne dass dabei gleichzeitig Eigentum übertragen wird. Sie als Immobilieneigentümer gewähren folglich einer dritten Person das beschränkte und persönliche Recht, Nutzen aus einer Sache zu ziehen, die sich weiterhin in Ihrem Besitz befindet. Im konkreten Fall handelt es sich dabei zumeist um eine vermietete Immobilie und deren Mieteinkünfte.
Der Zuwendungsnießbrauch muss notariell beurkundet und im Grundbuch fixiert werden.
Wichtig: Er muss auf mindestens 5 Jahre angelegt sein, um von den Finanzämtern anerkannt zu werden.
Das Nutzungsrecht ist nicht übertragbar und kann weder vererbt noch verkauft werden. Es endet bei der befristeten Variante mit Erreichen des festgesetzten Termins, bei der unbefristeten, eher weniger genutzten, Version durch den Tod des Berechtigten – oder vorherige einvernehmliche Aufkündigung.
Der Zuwendungsnießbrauch wird in den allermeisten Fällen aus Steuerersparnisgründen veranlasst. Oft mit dem Nebeneffekt, dass beispielsweise studierende Kinder finanziell unterstützt werden. Dazu ein Beispiel:
Die Eltern A und B erzielen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von jährlich 15.000 Euro. Zusammen mit ihren anderen Einkünften hat der Fiskus sie im Spitzensteuersatz verortet. Auf die Vermietungseinnahmen werden daher Steuern von rund 7.500 Euro pro Jahr fällig.
A und B vereinbaren nun mit ihrer studierenden Tochter C für das Vermietungsobjekt einen Zuwendungsnießbrauch über 5 Jahre.
C kann von den zu versteuernden Mieteinkünften ihre eigenen Studienkosten bis zu 6.000 Euro jährlich als Sonderausgaben abziehen. Es verbleibt für sie ein zu versteuerndes Einkommen von 9.000 Euro, das jedoch unter dem Grundfreibetrag von 12.069 Euro (ab Januar 2025) liegt, so dass keine Steuern fällig werden.
Die Eltern A und B zahlen auf diese Weise 7.500 Euro Steuern weniger. Tochter C hat 15.000 Euro im Jahr zur Verfügung, um ihr Studium zu finanzieren – wovon die Eltern de facto jedoch nur 7.500 Euro zahlen.
Gut zu wissen: Der Zuwendungsnießbrauch erfüllt fiskalisch den Tatbestand einer Schenkung und unterliegt daher theoretisch der Schenkungssteuer. Theoretisch insofern, da der Freibetrag von 400.000 Euro für Schenkungen zwischen Eltern und Kindern durch den zumeist zeitlich begrenzten Zuwendungsnießbrauch so gut wie nie überschritten wird.
• Arten des Zuwendungsnießbrauchs
Der Zuwendungsnießbrauch kann in unterschiedlichen Versionen festgelegt werden:
- zeitlich begrenzt: Für gewöhnlich wird der Nießbrauch von vorneherein auf eine bestimmte Dauer gewährt – und erlischt dann automatisch. Üblich sind 5 oder 10, gelegentlich auch 15 Jahre.
- unbegrenzt: Der unbefristete Nießbrauch endet erst mit dem Tod des Begünstigten. Dies gilt auch, falls der Eigentümer früher verstirbt – der Anspruch behält seine Gültigkeit.
- unentgeltlich: Der unentgeltliche Zuwendungsnießbrauch ist immer „steuerschädlich“, da die Abschreibung der Immobilie für beide Seiten „verloren geht“. Details dazu weiter unten.
- entgeltlich: Wird für den Nießbrauch hingegen eine „Gebühr“ verlangt, so profitieren in aller Regel beide Seiten. Auch dazu weiter unten.
Zuwendungsnießbrauch vs. Vorbehaltsnießbrauch
Obwohl beide Varianten des Nutzungsrechts an einer fremden Sache auf demselben gesetzlichen Fundament gründen, unterscheiden sich Zuwendungs- und Vorbehaltsnießbrauch sowohl in ihrer grundsätzlichen Intention wie auch in ihrer rechtlichen Ausgestaltung.
Der Vorbehaltsnießbrauch dient vorrangig der Altersvorsorge und ist der Regelfall, wenn Eltern ihre Immobilie frühzeitig an ihre Kinder verschenken, bis zu ihrem Lebensende jedoch in ihrem vertrauten Zuhause wohnen bleiben möchten. Er geht daher immer Hand in Hand mit einer parallelen Eigentumsübertragung an die Kinder. Sie können als Nießbrauchnehmer die Immobilie fortan bewohnen oder auch vermieten und die Einkünfte behalten – die Verfügungsgewalt über die Immobilie liegt jedoch bei den beschenkten Kindern. Der klassische Vorbehaltsnießbrauch endet erst mit dem Tod des, respektive der Berechtigten.
Der Zuwendungsnießbrauch verfolgt dagegen in erster Linie Steuerspar-Ziele bei vermieteten Immobilien. Er ist insofern lediglich ein Vehikel, um die eigene Steuerlast zu senken. Dazu werden die Mieteinkünfte auf ein Familienmitglied mit niedrigerem Steuersatz verlagert. Im Nebeneffekt können auf diese Weise studierende oder sonst wie „bedürftige“ Kinder finanziell unterstützt werden. Der Zuwendungsnießbrauch wird für gewöhnlich zeitlich begrenzt – er muss mindestens 5 Jahre währen. In jedem Fall bleiben Sie vollwertiger Eigentümer der Immobilie.
Identisch sind gleichwohl die juristischen Anforderungen, die zu erfüllen sind, um dem Zuwendungs- oder Vorbehaltsnießbrauch Rechtsgültigkeit zu verleihen: Beide müssen von einem Notar beurkundet und in das Grundbuch eingetragen werden.
Beachten Sie außerdem: Der Zuwendungsnießbrauch muss „nachvollziehbar umgesetzt“ werden, um vom Finanzamt akzeptiert zu werden. Das meint: Die Mieter müssen explizit über den neuen Vermieter informiert und die Mieten auf ein neues, gesondertes Konto des Begünstigten gezahlt werden.
Der Zuwendungsnießbrauch als Steuersparmodell
Durch den Zuwendungsnießbrauch verlagern Sie die Einkünfte aus Mietimmobilien auf eine andere Person. Verfügt dieser Begünstigte nun über keine oder sehr niedrige Einkünfte, so macht sich das Modell besonders bezahlt.
Beispiel:
Mutter A ist Eigentümerin einer vermieteten Immobilie und erzielt Mieteinnahmen in Höhe von 35.000 Euro jährlich. Ihr Steuerberater rät ihr zu einem Zuwendungsnießbrauch zugunsten ihrer Tochter B.
Tochter B ist 12 Jahre alt und hat ansonsten keine anderen Einkünfte oder Bezüge.
A bekommt für ihre Tochter Kindergeld.
A entschließt sich zu einem Zuwendungsnießbrauch auf 10 Jahre und informiert ihre Mieter, dass künftig Tochter B die Vermieterin ist. In einem schriftlichen Vertrag fixieren A und B, dass B für die kommenden 10 Jahre die Mieteinnahmen der Immobilie erhält und hieraus die Ausgaben für Reparaturen und Instandhaltung bestreiten muss.
A hat fortan 50.000 Euro geringere Einkünfte, während B diesen Betrag versteuern muss und dabei den Grundfreibetrag voll ausschöpfen kann.
A bekommt weiterhin Kindergeld für ihre Tochter. Nach 10 Jahren endet der Zuwendungsnießbrauch automatisch.
Gut zu wissen: Der Zuwendungsnießbrauch hat keine Auswirkungen auf das Kindergeld, da dieses unabhängig von den Einkünften des Kindes gezahlt wird. Gleiches gilt für den Kinderfreibetrag.
Das Prinzip des Zuwendungsnießbrauchs können Sie – wie im Beispiel – auf unterschiedliche Konstellationen anwenden und durchrechnen. Allerdings sollten Sie dabei auch ein paar zusätzliche Aspekte beachten, die kleine Schatten auf die heitere Kalkulation werfen.
Fallstricke beim Zuwendungsnießbrauch
1. Abschreibung beim Zuwendungsnießbrauch
Die „Absetzung für Abnutzung“ (AfA) geht bei einem unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch quasi zwangsläufig verloren, da der Eigentümer keine Einkünfte aus Vermietung mehr erzielt und der Nießbrauchnehmer kein Eigentümer ist. Verlangen Sie als Eigentümer jedoch eine Art Gebühr für den Zuwendungsnießbrauch sieht die Sache gänzlich anders aus.
Zur Veranschaulichung zwei Beispiele:
Beispiel 1: Mutter C ist Eigentümerin einer vermieteten Wohnung und erhält dafür 12.000 Euro jährlich an Einkünften. Hierin enthalten ist eine Gebäudeabschreibung von 3.000 Euro. C’s Tochter T ist 23 Jahre alt und hat keine eigenen Einkünfte.
C gewährt ihrer Tochter T einen zeitlich befristeten, unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch auf die Vermietungseinkünfte.
Mutter C muss die Miete künftig nicht mehr versteuern, kann jedoch auch die Abschreibung von 3.000 Euro nicht steuermindernd geltend machen.
T versteuert die Mieteinnahmen und kann Ausgaben, die ihr durch die Einkünfte entstehen als Werbungskosten abziehen. Die Abschreibung von 3.000 Euro kann auch sie nicht steuermindernd anführen.
Beispiel 2: Mutter C ist weiterhin Eigentümerin der Wohnung mit jährlichen Einnahmen von 12.000 Euro und einer Gebäudeabschreibung von 3.000 Euro. Tochter T hat ebenfalls unverändert keine eigenen Einkünfte.
Für den befristeten Zuwendungsnießbrauch verlangt Mutter C nun jedoch ein jährliches Entgelt von 4.000 Euro von ihrer Tochter T.
T versteuert die Mieteinnahmen und kann die Gebühr als Werbungskosten unmittelbar abziehen.
C versteuert die 4.000 Euro als Einnahmen – und kann die Gebäudeabschreibung von 3.000 Euro geltend machen.
2. Sanierungskosten beim Zuwendungsnießbrauch
Ein Zuwendungsnießbrauch ist für die Kinder in aller Regel eine feine Sache, weil die Mieteinnahmen grundsätzlich höher sind als die laufenden Ausgaben. Was passiert jedoch, wenn hohe Sanierungskosten anstehen, die die finanziellen Mittel der Begünstigten übersteigen? Eltern können ihren Kindern dann selbstverständlich die benötigten Mittel überlassen – doch Vorsicht: Diese „Überlassung“ wertet das Finanzamt als Schenkung. Sie müssen also im konkreten Fall sehr genau rechnen, ob Nießbrauchrecht plus Sanierungskosten dann doch nicht an der Grenze des Freibetrags von 400.000 Euro kratzen und Schenkungssteuer fällig wird.
3. Verträge unter nahen Angehörigen beim Zuwendungsnießbrauch
Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen prüft das Finanzamt besonders penibel. Stellen Sie daher sicher, dass sämtliche Vereinbarungen erstens in den Vertrag aufgenommen, und zweitens auch tatsächlich so umgesetzt werden. Die Notar- und Grundbuchkosten sollten am besten von den Kindern getragen werden, da diese sie in ihrer Steuererklärung als Werbungskosten wieder abziehen können. Bei den Eltern wären diese Kosten mangels vorliegender Einkunftsart nicht abzugsfähig.
Vergessen Sie auf keinen Fall die Mieter über den neuen Vermieter zu informieren, die Miete auf ein neues, gesondertes Konto überweisen zu lassen und dafür zu sorgen, dass fortan alle Rechnungen auf den Namen des Nießbrauchnehmers ausgestellt werden.
Fazit: Ein völlig legales Steuersparmodell für Vermieter
Der Zuwendungsnießbrauch kann für Sie zu einem gewinnbringenden Steuersparmodell werden, wenn Sie das Nutzungsrecht an einer oder mehreren vermieteten Immobilien nahen Angehörigen in der Familie überlassen. So können Sie die jeweiligen Freibeträge nutzen und die Mieteinnahmen insgesamt zu einem günstigeren Steuersatz versteuern. Im Nebeneffekt haben Sie zudem die Möglichkeit, das Studium Ihrer Kinder zu finanzieren, ohne dass ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstehen.
Allerdings ist ein unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch nur dann sinnvoll, wenn es sich um Immobilien mit geringer oder nicht mehr existenter Abschreibung handelt. Um Probleme mit dem Finanzamt zu vermeiden, sollten Sie den Zuwendungsnießbrauch vertragssicher und überprüfbar auf dem Weg bringen und sich penibel an die erforderlichen Umsetzungsvorgaben halten. Es versteht sich von selbst, dass der Zuwendungsnießbrauch keine Option ist, wenn Ihre Familienverhältnisse das erforderliche sprichwörtliche Einvernehmen vermissen lassen oder das Verhältnis zu Ihren Kindern wenig vertrauensvoll ist.
FAQs
1. Ist ein Zuwendungsnießbrauch immer befristet?
Nein. Er kann auch unbefristet vereinbart werden. Allerdings ist diese Variante recht unüblich. Für gewöhnlich wird der Zuwendungsnießbrauch auf 10 Jahre terminiert. Er muss auf mindestens 5 Jahre angelegt sein, um steuerlich anerkannt zu werden.
2. Kann der Zuwendungsnießbrauch einer beliebigen Person eingeräumt werden?
Ja. Kein Gesetz schreibt vor, dass das Nutzungsrecht nur Familienangehörigen übertragen werden darf. Sie können prinzipiell also auch einen Jugendfreund oder Vereinskollegen als Begünstigten bestimmen.
3. Welche Vorteile hat ein entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch?
Bei einem entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch kann der Nießbraucher das Entgelt als Werbungskosten absetzen. Der Eigentümer erzielt Einnahmen aus der Vermietung und kann daher die steuerlichen Vorteile der Abschreibung nutzen. Beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch ist dies nicht möglich.
4. Entstehen beim Zuwendungsnießbrauch Kosten?
Ja. Der Nießbrauch muss notariell beurkundet und in das Grundbuch eingetragen werden. Dafür fallen Notar- und Grundbuchkosten an. Sie richten sich nach dem Wert des Nießbrauchs und werden auf Basis des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) festgesetzt.