Wohnrecht – Alle Antworten auf die wichtigsten Fragen

Die eigene Immobilie ist für die allermeisten Eigentümer ein elementarer Pfeiler der Altersvorsorge. Sie ist der Garant für einen geruhsamen Lebensabend im vertrauten Zuhause. Möchten Sie jedoch sicherstellen, dass Ihr „Lebenswerk“, in das Sie so viel Geld, Mühe und Energie gesteckt haben, auch nach Ihrem Tod in die sprichwörtlichen guten Hände gelangt, dann können Sie Ihr Haus bereits zu Lebzeiten an Ihre Kinder verschenken und sich zeitgleich ein lebenslanges Wohnrecht darin einräumen lassen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor – und entsprechend sicher ist eine solche Vereinbarung. Vorausgesetzt, Sie lassen sie nicht nur notariell beurkunden, sondern auch in das Grundbuch eintragen.

Das (lebenslange) Wohnrecht ist mit einigen unveränderlichen Merkmalen ausgestattet, andere wiederum können Sie frei und individuell gestalten. Lesen Sie im folgenden Ratgeber, welche Varianten des Wohnrechts möglich und welche Rechte und Pflichten daran gekoppelt sind, welche Alternativen es gibt und unter welchen Umständen das Wohnrecht beendet werden kann.

Was ist das Wohnrecht? Definition & rechtliche Grundlagen

Eine wichtige Anmerkung vorab: Im allgemeinen Sprachgebrauch ist für gewöhnlich von lebenslangem Wohnrecht oder von Wohnrecht auf Lebenszeit die Rede – und gemeint sind damit alle Spielarten, in denen Menschen eine Immobilie bewohnen dürfen, die sich nicht (mehr) in ihrem Eigentum befindet. Das BGB trifft hingegen eine recht spitzfindige Unterscheidung zwischen „Wohnungsrecht“ (§ 1093) und „Wohnrecht“ (§ 1090): Im ersten Fall ist das Recht zur alleinigen Nutzung einer Immobilie gemeint, im zweiten Fall eine Art „Mitbenutzungsrecht“, das bedeutet: Der Eigentümer der Immobilie kann ebenfalls noch im Haus wohnen.

Da wir hier keine juristische Abhandlung verfassen und der Begriff „Wohnrecht“ als allgemein übliches Synonym verwendet wird, ist auch im Folgenden ausschließlich von Wohnrecht die Rede – auch wenn sich dieses beispielsweise auf eine Einliegerwohnung bezieht und der Eigentümer nebenan wohnt.

Kommen wir in diesem Sinne nun zu den tatsächlich wichtigen rechtlichen Grundlagen: Das Wohnrecht – also das Recht, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers zu bewohnen – zählt zu den sogenannten persönlichen Dienstbarkeiten. Das bedeutet: Das Recht ist stets an eine konkrete Person gebunden – Sie können Ihr Wohnrecht weder vererben noch verschenken oder anderweitig übertragen. Allerdings können Sie dessen Dauer bestimmen, also ob es bis zur Ihren Tod gelten soll oder für eine bestimmte Frist. Ebenfalls können Sie festlegen, ob das Wohnrecht unentgeltlich gewährt wird oder Sie für die Nutzung eine Art Miete zahlen.

Wichtig: Das Wohnrecht muss immer in einem notariell beglaubigten Vertrag fixiert werden, damit es rechtsgültig wird. Es empfiehlt sich zudem ausdrücklich, das Wohnrecht in Abteilung II des Grundbuches eintragen zu lassen. Denn nur durch den Grundbucheintrag ist es gegenüber Dritten geschützt, beispielsweise bei einem späteren Verkauf der Immobilie

Allerdings kann niemand Sie zwingen, diesen (kostenpflichtigen) Grundbucheintrag vornehmen zu lassen., Sie können sich mit dem puren, von einem Notar beglaubigten Vertrag begnügen. Dann gilt diese Vereinbarung aber eben nur unter den Vertragspartnern. Wechselt der Eigentümer der Immobilie, so ist dieser nicht an den Vertrag gebunden – er hat ihn ja nicht geschlossen.

Gut zu wissen: Verwechseln Sie das Wohnrecht nicht mit dem Nießbrauchrecht. Die beiden unterscheiden sich durch die Qualität und den Umfang der Ihnen zustehenden Nutzung. Das Wohnrecht gibt Ihnen das Recht, die Immobilie lediglich zu bewohnen. Das Nießbrauchrecht erlaubt Ihnen dagegen zusätzlich, Ertrag aus der Immobilie zu ziehen, beispielsweise, indem Sie sie vermieten.

Obwohl das Wohnrecht mit Abstand am häufigsten eingeräumt wird, wenn Eigentümer ihre Immobilie im Rahmen der vorgezogenen Erbfolge ihren Kindern überschreiben, sind daneben andere Konstellation denkbar und möglich:

- Wohnrecht auf Lebenszeit zur Absicherung des Partners über den eigenen Tod hinaus – beispielsweise gegen Versuche der Erben, den Hinterbliebenen aus der Immobilie zu verdrängen.

- Wohnrecht für nahe Verwandte, zum Beispiel die Geschwister der Eigentümer,

- Wohnrecht für Bedienstete, beispielsweise für eine Haushälterin, den Hausmeister oder Pflegekräfte – in diesen Fällen wird das Wohnrecht in aller Regel befristet und an die Ausübung der Tätigkeit geknüpft.

- Wohnrecht für Unternehmer: Wird die Immobilie an einen Ehepartner verschenkt und lässt sich der Schenkende zeitgleich ein Wohnrecht eintragen, so bleibt die Immobilie im Falle einer Insolvenz vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt.

- Wohnrecht für ehemalige Eigentümer: Gelegentlich verkaufen Immobilienbesitzer ihr Eigentum, weil sie flüssige, finanzielle Mittel benötigen, gleichzeitig aber auf ihr Zuhause nicht verzichten können und wollen.

Arten des Wohnrechts

Im notariell beglaubigten Vertrag über die Einräumung eines Wohnrechts werden an erster Stelle die konkreten Ausprägungen dieses Rechts dokumentiert. Im Grundsatz haben Sie die folgenden Optionen:

1. Das lebenslange Wohnrecht

Das lebenslange Wohnrecht ist die Regel, wenn Eigentümer ihre Immobilie den Kindern übertragen, selbst aber noch bis zur ihrem Tod darin wohnen bleiben möchten. Das hat Vorteile für alle Beteiligten: Für die Kinder, weil der Wert des Wohnrechts den zu versteuernden Wert der Immobilie schmälert und so in vielen Fällen keine Schenkungssteuer fällig wird. Für die Eltern, weil Sie ihr Erbe zu Lebzeiten geregelt haben und gleichwohl ihren Lebensabend in der vertrauten Umgebung verbringen können.

Aber natürlich gibt es auch Nachteile. Der (klassische) Verkauf einer Immobilie mit lebenslangen Wohnrechts ist anspruchsvoll und geht selbstverständlich mit finanziellen Einbußen Hand in Hand. Das gilt besonders, wenn der Wohnberechtigte noch vergleichsweise jung und gesund ist und der Vertrag keine Vereinbarungen enthält, die eine vorzeitige Aufhebung des Wohnrechts erlauben.

2. Das befristete Wohnrecht

Ein befristetes Wohnrecht wird zumeist favorisiert, wenn es bereits eine feste Zukunftsplanung gibt, in der das Wohnrecht ab einem bestimmten Zeitpunkt schlicht nicht mehr benötigt wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Eigentümer beschlossen haben, im Laufe des Jahres x ein Ferienhaus auf Mallorca zu beziehen oder im Monat y in die aktuell noch im Bau befindliche, schicke Seniorenresidenz überzusiedeln. Wird eine solche Befristung im Grundbuch fixiert, so erlischt das Wohnrecht mit Erreichen des Termins automatisch.

Ein befristetes Wohnrecht wird in anderen Fällen auch an die Ausübung einer Tätigkeit gekoppelt. Wie oben bereits kurz angedeutet, gilt eine solche Befristung grundsätzlich für Dienstverhältnisse. Endet das Dienstverhältnis, endet auch das Wohnrecht.

3. Entgeltliches und unentgeltliches Wohnrecht

Beide Varianten des Wohnrechts können unentgeltlich gewährt werden oder als entgeltliches Modell vereinbart werden. Im zweiten Fall kann optional eine Einmalzahlung oder eine monatliche Nutzungsgebühr, nicht unähnlich einer Miete, festgeschrieben sein.

Gut zu wissen: Jedes Wohnrecht kann grundsätzlich wieder aus dem Grundbuch gelöscht werden. Aber: Dies ist nach § 875 BGB ausschließlich möglich, wenn der Inhaber des Rechts der Löschung ausdrücklich zustimmt. Ein einmal im Grundbuch fixiertes Wohnrecht kann daher niemals einseitig aufgehoben werden – es ist insofern ein sehr sicheres Recht.

Für die Löschung unterschreibt der Wohnberechtigte eine Verzichtserklärung, die der Notar beglaubigt und damit beim Grundbuch einen entsprechenden Antrag stellt. Die Höhe der Kosten regelt das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) – sie sind von Eigentümer der Immobilie zu tragen.

Rechte und Pflichten beim Wohnrecht

Die Zuständigkeiten im Verhältnis zwischen Eigentümer und Wohnberechtigtem wurden vom Gesetzgeber recht eindeutig geregelt.

1. Rechte und Pflichten des Wohnberechtigten

• Nutzungsrecht: Als Wohnberechtigter dürfen Sie den Teil der Immobilie, für den das Recht besteht, nach Ihren Vorstellungen nutzen. Je nach Vereinbarung steht Ihnen auch die Mitbenutzung von Garten, Keller und Waschräumen zu.

• Aufnahmerecht: Sie können jederzeit Familienmitglieder (Lebenspartner, Kinder), Bedienstete oder Pflegekräfte bei sich aufnehmen.

• Überlassungsrecht: Ziehen Sie für einen längeren Zeitraum aus, beispielsweise wegen eines Auslandsaufenthalts oder einer langwierigen Behandlung im Krankenhaus, so können Sie Ihre Wohnräume während Ihrer Abwesenheit einem Familienmitglied – aber keinem Dritten – überlassen.

• Nebenkosten und Instandhaltung: Sie müssen Ihre persönlichen Verbrauchskosten (Strom, Wasser, Heizung) selbst tragen. Außerdem sind Sie verpflichtet, kleinere Schönheitsreparaturen und Instandhaltungen durchzuführen, respektive in Auftrag zu geben. Auch die Grundsteuer geht zu Ihren Lasten.

2. Rechte und Pflichten des Eigentümers

• Kein Betretungsrecht: Als Eigentümer haben Sie – anders als in klassischen Mietverträgen – kein Besichtigungsrecht. Sie dürfen die Wohnung des Wohnberechtigten daher ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis nicht betreten.

• Umbaumaßnahmen und Sanierungen: Größere Umbauten und/oder Sanierungen gehen üblicherweise zu Lasten des Eigentümers. Vor Beauftragung der Arbeiten muss außerdem die Zustimmung des Wohnberechtigten eingeholt werden.

Gut zu wissen: Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, dass beide Parteien im notariellen Vertrag abweichende Regelungen vereinbaren, die damit für beide Seiten auch bindend werden.

Voraussetzungen und Eintragung des Wohnrechts

Möchten Sie das Wohnrecht im Rahmen einer Schenkung eintragen lassen, so können Sie beide Angelegenheiten zusammen bei einem Notartermin auf den Weg bringen. Neben Ihrem Personalausweis und Legitimationsdokumenten der Beschenkten müssen Sie im Grundsatz zu dem Termin alle Dokumente mitbringen, die Sie auch bei einem klassischen Hausverkauf benötigen würden. Dazu gehören besonders:

- ein aktueller Grundbuchauszug,

- die Flurkarte,

- den Grundriss und die Wohnflächenberechnung,

- eine Kopie der Bauakte,

- den Energieausweis.

Entsprechend den Vorgaben der Beteiligten verfasst der Notar einen Vertrag, in dem alle Vereinbarungen detailliert festgehalten werden und veranlasst, nachdem das Dokument von beiden Seiten unterschrieben wurde, die Eintragung in Abteilung II des Grundbuches.

Die Kosten für die Eintragung richten sich nach dem Geschäftswert, also dem Barwert des Wohnrechts und belaufen sich auf insgesamt 2 Prozent davon – 1,5 Prozent erhält der Notar, die verbleibenden 0,5 Prozent sind Gebühren für das Grundbuchamt.

• Berechnung des Wohnrechtwerts

Der Wert des Wohnrechts berechnet sich aus der fiktiven Miete, die Sie als Wohnberechtigter für eine vergleichbare Immobilie zahlen müssten. Multipliziert mit 12 Monaten ergibt sich daraus der Jahreswert.

Dieser Jahreswert wird nun mit dem sogenannten Kapitalwertfaktor oder Vervielfältiger multipliziert. Der Vervielfältiger richtet sich nach den Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes, in denen die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern und Frauen nach jeweiligem Lebensalter gelistet wird. Entsprechend dieser jeweiligen, noch verbleibenden Lebensjahre weist der Vervielfältiger eine Prozentzahl aus, die maßgeblich für den Wohnrechtwert ist. Die Formel dazu lautet:

Jahreswert x Vervielfältiger = Wert des Wohnrechts

Beispiel:

Eine 70jährige Frau überträgt ihrer Tochter ihr Haus mit einem Marktwert von 500.000 Euro und behält sich ein lebenslanges Wohnrecht vor. Für eine vergleichbare Wohnung müsste sie eine Miete von 1.200 Euro monatlich, also 14.400 Euro im Jahr bezahlen. Die Lebenserwartung der Frau liegt bei noch 16,84 Jahren, der ausgewiesene Vervielfältiger beläuft sich auf 11,099.

14.400 Euro x 11,099 = 159.826 Euro 

Der Wert des Wohnrechts liegt in diesem Fall bei 159.826 Euro, die Kosten für den Eintrag betragen 3.196,52 Euro (159.826 x 2 % = 3.196,52).

Gut zu wissen: Grundsätzlich ruft ein unentgeltliches Wohnrecht das Finanzamt auf dem Plan. Der Wohnberechtigte erhält in der Sichtweise des Fiskus durch die eingesparte Miete einen Vermögenswert. Es besteht daher zwar keine Steuerpflicht aus dem Einkommensteuergesetz, allerdings unterliegt das lebenslange, unentgeltliche Wohnrecht der Erbschafts- Schenkungssteuer. Die wiederum wird nur fällig, wenn die Freibeträge überschritten werden. Bei einer innerfamiliären Übertragung in gerader Linie ist das in den meisten Fällen nicht gegeben.

Besondere Situationen beim Wohnrecht

1. Lebenslanges Wohnrecht im Pflegefall

Ein lebenslanges Wohnrecht erlischt erst nach dem Tod des Wohnberechtigten. So definiert es der Gesetzgeber und so gewährleistet es auch der Eintrag im Grundbuch. Doch wie sieht die rechtliche Situation bei einem notwendig gewordenen Umzug in ein Pflegeheim aus? Dazu haben mehrere Gerichte Stellung bezogen – und das durchaus nicht (ganz) einheitlich. Die Essenz aus unterschiedlichen Urteilen:

Ein „persönliches Ausübungshindernis“ (durch die Unterbringung des Wohnberechtigten in einem Alten- oder Pflegeheim) führt nicht zum Erlöschen des Wohnrechts. Die Richter argumentierten in diesem Fall, dass eine Rückkehr in die Wohnung nicht völlig ausgeschlossen sei.

Anders sieht es ausnahmsweise (!) aus, wenn eine Rückkehr des Wohnberechtigten „objektiv ausgeschlossen“ ist – etwa, weil der Berechtigte aus medizinischen Gründen dauerhaft auf eine apparative Versorgung angewiesen ist, die nur in einer stationären Einrichtung erbracht werden kann.

Grundsätzlich hat ein Eigentümer auch bei einem Umzug des Wohnberechtigten in ein Pflegeheim keinen (einklagbaren) Anspruch auf Löschung des Wohnrechts aus dem Grundbuch. Der Wohnberechtige kann nicht dazu gezwungen werden, die entsprechende Löschungsbewilligung zu unterschreiben.

Gerichte empfehlen, die Bedingungen, unter denen ein lebenslanges Wohnrecht vorzeitig beendet werden kann, ausdrücklich im notariellen Wohnrechtsvertrag zu dokumentieren und dabei auch festzulegen, welche Entschädigungen zu zahlen sind.

Gefahr des sogenannten Sozialregresses: Verzichtet der Wohnberechtigte wegen seines Umzugs in ein Pflegeheim dagegen auf sein Recht und kann die Pflegekosten aus eigenen Mitteln nicht mehr stemmen, so droht dem Eigentümer ein Rückforderungsanspruch seitens des Heimträgers, respektive des Sozialamtes. Der Verzicht auf das grundbuchlich gesicherte Wohnrecht wird als Schenkung einer „geldwerten Vermögensposition“ gewertet und kann daher von den Sozialträgern in vollem Umfang zurückgefordert werden.

Im Saldo: Entgegen älterer Rechtsprechung ist es aktuell ausgesprochen schwierig, ein lebenslanges Wohnrecht selbst bei einem Umzug des Wohnberechtigten in ein Pflegeheim auf dem Klageweg zu beenden und einen Löschungsanspruch gerichtlich durchzusetzen.

2. Wohnrecht bei einer Zwangsversteigerung

Gänzlich anders sieht die Sachlage aus, wenn die Immobilie, an der das Wohnrecht besteht, zwangsversteigert wird. In diesem Fall erlischt das Wohnrecht automatisch und unwiederbringlich. Dem Wohnberechtigten steht dann zwar eine Geldforderung in Höhe des (theoretischen) Wohnrechtwerts zu, doch häufig reicht der Versteigerungserlös nicht für die Bedienung des vollen Betrags. Ausnahme: Das Wohnrecht ist ranghöher vermerkt als das Recht des betreibenden Gläubigers, also für gewöhnlich eine Bank oder ein Kreditinstituts.

Das lebenslange Wohnrecht müsste prinzipiell erstrangig im Grundbuch eingetragen sein, um eben auch als Erstes mit dem Erlös abgefunden zu werden. Dies kommt jedoch selten bis gar nicht vor, weil Banken und Kreditinstitute für gewährte Immobiliendarlehen stets den ersten Rang beanspruchen – und im Zweifelsfall einen Rangrücktritt des Wohnrecht-Inhabers verlangen.

3. Wohnrecht beim Verkauf der Immobilie

Der Verkauf der Immobilie, an der Sie ein Wohnrecht haben, ändert an diesem absolut nichts: Es bleibt so wie ehedem bestehen. Das ist rechtlich verbrieft und durch die Buchstaben des Gesetzes gesichert. Was im Umkehrschluss jedoch nicht bedeutet, dass Sie sich nicht freiwillig (!) für andere Optionen entscheiden können.

Grundsätzlich ist der Verkauf einer Immobilie mit Wohnrecht kein leichtes Unterfangen für den Eigentümer. Der potentielle Käufer kann sein frisch erworbenes Haus auf unbestimmte Zeit ja nicht nutzen. Die Klientel der Kapitalanleger ist je nach Lage, Zustand und energetischer Bilanz der Immobilie einerseits überschaubar, andererseits muss sie zusätzlich das Handicap in Kauf nehmen, dass sie für größere Umbaumaßnahmen oder Sanierungen die Zustimmung des Wohnberechtigten einholen muss.

Es versteht sich zudem von selbst, dass der Verkaufserlös der Immobilie durch die Wertminderung, die das Wohnrecht verursacht, arg bis schmerzhaft geschmälert wird.

Je nach Ausganslage kann es daher sinnvoll sein, rechtzeitig (!) über Alternativen zum klassischen Hausverkauf mit Wohnrecht nachzudenken (dazu auch weiter unten) oder mit altem und neuen Eigentümer im Verkaufsprozess nach Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten optimaler sind. Beispielsweise durch eine zeitliche Befristung des Wohnrechts oder auch, wenn das passt, durch eine Löschung gegen eine Entschädigung, die für ein neues, altersgerechtes Domizil reicht.

Vor- und Nachteile des Wohnrechts

Für den Wohnberechtigten ergeben sich aus einem lebenslangen Wohnrecht, wie dargestellt, einige Vorteile:

• Sicherheit: Sie können in der Immobilie wohnen, ohne Angst vor einer Kündigung haben zu müssen. Ihre vertraute Umgebung gewährleistet Ihnen eine gewisse Lebensqualität und gibt Sicherheit.

• Keine Miete: Da Sie in aller Regel keine Mietzahlungen leisten müssen, entlastet dieser Umstand Ihr finanzielles Budget, besonders im Alter. Unter Umständen können Sie so sogar Vermögen aufbauen – oder sich Dinge leisten, die Sie sich bislang versagt haben.

• Stabilität: Da der Eigentümer größere Veränderungen am Haus nur mit Ihrer Zustimmung durchführen darf, können Sie sich weitgehend darauf verlassen, dass in Ihrem privaten Umfeld stets „alles beim alten“ bleibt.

Auf der anderen Seite birgt das Wohnrecht auch ein paar negative Effekte. Zu den Nachteilen gehören:

• Einschränkungen: Sie dürfen die Immobilie lediglich nutzen, weder vermieten noch in großem Stil verändern. Sie sind in Ihrer Flexibilität eingeschränkt.

Starre Bindung: Sie sind an den Standort gebunden. Bei längerer Abwesenheit stehen Ihre Wohnräume leer. 

• Nebenkosten: Sie müssen nicht nur Ihre Verbrauchskosten (Strom, Wasser, Heizung) tragen, sondern auch die Grundsteuer sowie die Gebühren für Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung.

• Verantwortung: Sie sind verpflichtet, die von Ihnen bewohnten Räume in einen probaten und ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Schäden, die durch Fahrlässigkeit entstehen, können zu Konflikten mit dem Eigentümer führen.

Beendigung des Wohnrechts

Wie oben bereits angedeutet, ist ein lebenslanges Wohnrecht quasi unkündbar. Es erlischt nach jüngerer Rechtsprechung auch bei einem Umzug des Wohnberechtigten in ein Pflegeheim nicht automatisch.

Eine Sonderregelung ist für den Fall vorgesehen, in dem der Wohnberechtigte eine schwere Straftat begeht und/oder dem Eigentümer bewusst Schaden zufügt. Der Eigentümer kann dann verlangen, dass der Wohnberechtigte nach Maßgabe des § 1092 Abs.1 Satz 2 BGB von der Ausübung seines Wohnrechts Abstand nimmt – und es einem Dritten überlässt. „Ist ein weiteres Zusammenleben zwischen Eigentümer und Wohnberechtigtem aufgrund dessen Verfehlung nicht mehr zumutbar, muss der Berechtigte der Überlassung an einen Dritten zustimmen.“ Wohlgemerkt: Selbst in diesem Fall erlischt das Wohnrecht nicht – es kann und muss nur ausnahmsweise übertragen werden.

Neben der bereits erwähnten Zwangsversteigerung gibt es nur drei Situationen, in denen das lebenslange Wohnrecht – ohne die ansonsten stets notwendige Löschung – endet:

- mit dem Tod des Berechtigten,

- wenn die Räume, an denen das Wohnrecht besteht, durch ein Ereignis, beispielsweise Brand oder Überschwemmung, nachhaltig und dauerhaft nicht mehr bewohnbar sind,

- wenn das Gebäude selbst zerstört wird.

In allen anderen Fällen kann ein lebenslanges Wohnrecht nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Wohnberechtigten aus dem Grundbuch gelöscht werden (§ 875 BGB). Dazu muss er sein Einverständnis in einer notariell beurkundeten Löschungsbewilligung durch Unterschrift bestätigen und den Notar beauftragen, den Eintrag aus dem Grundbuch entfernen zu lassen. Für gewöhnlich gehen die Kosten zu Lasten des Eigentümers.

Gut zu wissen: Obwohl die Praxis anders aussieht, ist der Eigentümer rechtlich nicht verpflichtet, dem Wohnberechtigten, der sein Recht aufgibt, eine entsprechende Entschädigung zu zahlen. Auch umgekehrt kann der Wohnberechtigte ein Abfindungsangebot des Eigentümers ablehnen – und rein theoretisch eine Summe fordern, die den tatsächlichen Wert des Wohnrechts übersteigt.

Bitte beachten Sie: Vermutlich wird Ihnen jeder versierte Notar dazu raten, eine sogenannte Rückforderungsklausel in Ihren Wohnrecht-Vertrag aufzunehmen. Sie schützt allerdings mehr vor dem Verlust der Immobilie als vor dem Verlust des Wohnrechts. Typischerweise kommt sie zum Einsatz, wenn der neue Eigentümer in finanzielle Schwierigkeiten gerät und eine Zwangsversteigerung droht. Durch ein Rückforderungsrecht erhalten Sie als ehemaliger Eigentümer dann die Möglichkeit, die Immobilie zurückzukaufen.

Wohnrecht versus Nießbrauch: Die wichtigsten Unterschiede

Das lebenslange Wohnrecht stößt immer dann an seine Grenzen, wenn Sie es nicht mehr ausüben können oder wollen. Müssen Sie in ein Pflegeheim umziehen oder möchten Sie die kalte Jahreszeit in wärmeren Regionen verbringen, dann nützt Ihnen Ihr Wohnrecht schlicht überhaupt nichts. Im Gegenteil: Da der Eigentümer grundsätzlich kein Recht hat, Ihr Zuhause zu betreten, riskieren Sie bei längerer Abwesenheit, dass die leerstehenden Räume durch äußere Umstände oder Unwägbarkeiten Schaden nehmen.

Anders sieht es hingegen bei einem Nießbrauchrecht aus: Dieses impliziert nicht nur die pure Nutzung der Immobilie, sondern erlaubt es Ihnen auch, damit Nutzen und Ertrag zu erzielen. Sie können die Immobilie also nach Belieben vermieten und so Einkünfte generieren, die Sie für Ihre jeweiligen Bedürfnisse verwenden können. Beachten Sie gleichwohl: Sie müssen regelmäßige Mieteinkünfte versteuern.

Das Nießbrauch wird, wie das Wohnrecht, in einem notariell beglaubigten Vertrag dokumentiert und in das Grundbuch eingetragen. Er kann lebenslang – und das ist üblich – oder auch befristet gewährt werden. Es gibt wie beim Wohnrecht keine Möglichkeit, den Nießbrauch zu verkaufen oder zu vererben. Er ist ebenfalls nicht pfändbar. Die Löschung des Nießbrauchrechts ist nur in beiderseitigem Einvernehmen von Nießbrauchnehmer und Nießbrauchgeber möglich.

Alternative Modelle zum Wohnrecht

Es kommt grundsätzlich darauf an, welche Prioritäten Sie für die langfristige Zukunft Ihrer Immobilie und ihr persönliches Wohlergehen setzen möchten. Ist es Ihnen eine Herzensangelegenheit, möglichst lange in Ihren eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben, gleichzeitig aber Ihren Kindern den von Ihnen geschaffenen Vermögenswert Immobilie hinterlassen zu wollen, dann sollten Sie sich intensiv mit den Vor- und Nachteilen des Wohn- oder Nießbrauchrechts auseinandersetzen.

Möchten Sie hingegen zwar ebenfalls weiterhin in Ihrer vertrauten Umgebung leben, parallel aber vor allem Ihren finanziellen Spielraum im Alter vergrößern – um eventuell einige lang gehegte Träume wahr werden zu lassen – dann sollten Sie sich mit den Modellen des Immobilien-Teilverkaufs mit Nießbrauchrecht oder mit der Immobilienverrentung mit Leibrente auseinandersetzen. Wir skizzieren Ihnen die Alternativen folgend kurz.

• Immobilien-Teilverkauf mit Nießbrauchrecht

Sie verkaufen einen Teil Ihrer Immobilie an einen Teilverkauf-Anbieter der damit stiller Miteigentümer Ihres Hauses wird. Für den verkauften Teil erhalten Sie eine Sofortüberweisung. Der Verkäufer garantiert Ihnen ein grundbuchlich abgesichertes Nießbrauchrecht für Ihre Immobilie. Sie können folglich in Ihrem Haus wohnen bleiben – oder es bei Bedarf auch vermieten. Für den verkauften Teil Ihrer Immobilie, den Sie ja weiter nutzen, müssen Sie dem Verkäufer ein monatliches Nutzungsentgelt zahlen.

Vorteile dieses Modells: Sie bleiben weiterhin Eigentümer und profitieren insofern auch von eventuellen Wertsteigerungen Ihrer Immobilie. Das Nießbrauchrecht sichert Sie zusätzlich ab und Sie können Ihre Immobilie verkaufen, zurückkaufen oder vererben. Mit der einmaligen Auszahlung polstern Sie Ihre finanziellen Ressourcen auf.

Nachteile dieses Modells: Sie müssen die Kosten für sämtliche Reparaturen und/oder Modernisierungen tragen, lediglich grundlegende Sanierungen übernimmt der Anbieter. Der Rückkauf der Immobilie existiert als hypothetische Möglichkeit nur auf dem Papier – er wird durch festgesetzte Gebühren und Abwicklungsentgelte schwindelerregend teuer.

• Immobilienverrentung mit Leibrente

Sie verkaufen Ihre Immobilie vollständig an einen Leibrenten-Anbieter. Dieser zahlt Ihnen den Kaufpreis jedoch nicht als Einmalsumme, sondern als zumeist lebenslange, monatliche Rente aus – kombiniert mit einem Wohnrecht auf Lebenszeit. Der Wert diese Wohnrechts wird vom Kaufpreis abgezogen. Außerdem besteht die Möglichkeit einer einmaligen, größeren Kapitalauszahlung vor Beginn der Laufzeit.

Vorteile dieser Alternative: Mit der zusätzlichen Leibrente haben Sie monatlich mehr freies Budget zur Verfügung, die Einmalzahlung können Sie für größere Anschaffungen oder Wünsche verwenden. Sie müssen nicht umziehen – sich fortan aber auch nicht mehr um die Instandhaltung der Immobilie kümmern

Nachteile dieser Alternative: Vom Kaufpreis wird nicht nur der Wert des Wohnrechts, sondern auch ein sogenannter Risikoabschlag abgezogen, mit dem sich der Anbieter gegen das „Langlebigkeitsrisiko“ absichert. Für einen Leibrentenvertrag müssen Sie mindestens 70 Jahre alt sein und eine schuldenfreie Immobilie im Wert von mindestens 200.000 Euro „mitbringen“.

Grundsätzlich sollten Sie vor dem Gang zum Notar umfassend beraten lassen. Und: Sprechen Sie auf jeden Fall ausführlich mit Ihren Kindern. Das lebenslange Wohnrecht und das Nießbrauchrecht sind sehr „alte“ Rechte. Sie stammen noch aus einer Zeit, in der Standortwechsel aus beruflichen Gründen, Auslandsaufenthalte und überhaupt gänzlich neue Lebensentwürfe nicht vorgesehen waren – Optionen, die für Ihre Kinder heute völlig normal sind. Mit einem lebenslangen Wohn- oder Nießbrauchrecht schränken Sie die freie Verfügung über eine Immobilie immer empfindlich ein.

FAQs

1. Gilt das lebenslange Wohnrecht für beide Elternteile?

Ja, wenn es für beide eingetragen wurde. In diesem Fall greift dann auch die etwas eigentümlich klingende Regel „auf das längste Leben“. Das bedeutet: Das Wohnrecht auf Lebenszeit hat auch nach dem Tod eines Berechtigten weiter Bestand – und zwar bis zum Tod des „länger lebenden“ Partners.

2. Kann ein Wohnrecht wegen Nichtnutzung verfallen?

Nein. Solange ein Wohnrecht vertraglich und/oder im Grundbuch existiert, gilt es vor dem Gesetz. Ob der Wohnberechtigte sein Recht nutzt oder nicht, ist dafür völlig unerheblich.

3. Kann ich ein Haus mit Wohnrecht verkaufen?

Ja. Allerdings müssen Sie in aller Regel Abstriche beim Verkaufserlös machen, da der Käufer über die Immobilie ja nicht frei verfügen kann. Und: Um für Kapitalanleger interessant zu sein, müssen Lage, Zustand und Alter des Hauses die Investition rechtfertigen.

4. Ist es möglich, ein befristetes Wohnrecht zu verlängern?

Nein. Das befristete Wohnrecht erlischt mit dem vereinbarten und im Grundbuch vermerkten Termin automatisch. Optional könnten Sie daran anschließend ein völlig „neues“ Wohnrecht notariell beurkunden und ins das Grundbuch eintragen lassen. Dieser Fall ist allerdings recht ungewöhnlich.

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